Silage (Grassilage) und Heulage


Per Definitionem ist Silage ein durch Milchsäuregärung konserviertes, hochwertiges Grünfutter für Nutztiere.

Doch was ist der Unterschied zwischen herkömmlicher Grassilage und Heulage ?

Der eigentliche Prozeß beim Ablauf der Silierung ist bei beiden Varianten gleich :
Durch den luftdichten Abschluß des Pflanzenmaterials werden pflanzeneigene Enzyme umgewandelt, aerobe und fakultativ anaerobe Mikroorganismen unterdrückt. Milchsäurebakterien sorgen für den Gärprozeß und wandeln Zucker in Säure um, wobei der pH-Wert auf 4 bis 4,5 abfällt - was wiederum dazu führt, dass gär- und gesundheitsschädliche Bakterien wie aerogene Colibakterien, Clostridien und Listerien am Wachstum gehindert werden.

In der Herstellung ergeben sich aber einige wesentliche Unterschiede :
Während zur Herstellung von Grassilage verhältnismäßig früh (Mai) geschnittenes junges Gras verwendet wird, welches sich noch in der Wachstumsphase befindet und dadurch einen sehr hohen Eiweißgehalt besitzt, findet die Mahd für Heulage erst später statt - ungefähr Ende Juni / Anfang Juli - und besitzt dadurch einen niedrigeren Rohproteingehalt.

Zur Herstellung von Grassilage wird das gemähte Gras auf ca. 35 bis 40% Trockenmasse heruntergetrocknet, anschließend gepresst und mittels Folie luftdicht verpackt; bei Heulage erreicht der Trockenmasseanteil vor der Pressung mindestens 60 bis 75%, idealerweise bis zu 80%.

Ein weiteres Unterscheidungskriterium stellt die Struktur der zur Herstellung verwendeten Mahd dar; während bei Grassilage die Mahd i.d.R. noch gehäckselt wird um die Luftzufuhr zu verringern und eine höhere Preßdichte zu erreichen, bleibt die Mahd bei der Herstellung von Heulage unzerkleinert und sorgt somit für ein gründlicheres Kauen der Nahrung bei der Futteraufnahme.

In der Pferdefütterung werden die Unterschiede noch signifikanter, vor allem, weil eine saubere Milchsäuregärung einen vollständigen Luftabschluß erfordert. Ist dieser Luftabschluß nicht gewährleistet, kommt es zu Fehlgärungen, im schlimmsten Fall sogar zu Schimmelbildung, wobei weder das eine noch das andere Problem in jedem Fall durch Sicht- oder Geruchsprüfung einwandfrei zu erkennen ist.
Das Risiko eben dieser Fehlgärungen und/oder Schimmelbildung ist bei Heulage aufgrund des hohen Anteils an strukturierter Rohfaser und der somit nur ungenügenden Verdrängung der Luft sogar noch erheblich größer als bei herkömmlicher Grassilage.

Spätestens hier stellt sich i.d.R. die Frage, ob es dann nicht ratsam ist, Grassilage statt Heulage zu füttern.

Die Antwort darauf ist allerdings ein klares NEIN !

Der Grund :
Das Eiweiß erfährt bei dem Silierungsprozeß eine starke Veränderung. Eiweißabbauende Enzyme sind auch nach dem Schnitt noch so lange tätig, wie das Gras noch genügend Wasser enthält; ein großer Teil der Proteine werden somit in ihre Bausteine (Aminosäuren) zerlegt. Aufgrund des hohen Eiweißgehaltes von Grassilage ist hier der Umwandlungsprozeß besonders gravierend. Außerdem ist selbst bei hoch verdichtetem Siliergut ein wirklich vollständiger Luftabschluß ohne Verschmutzung und somit eine Silierung ohne Vorhandensein von Gärschädlingen wie Coli- und Buttersäurebakterien reines Wunschdenken. Colibakterien, die besonders bei nicht vollständigem Luftabschluß auftreten, bauen ebenso wie Buttersäurebakterien, deren Vorhandensein vor allem bei Verschmutzung die Regel ist, Eiweiß ab - bis hin zu Ammoniak. Und Ammoniak ist nicht gerade sehr gesundheitsfördernd ...
Aber auch bei tatsächlich sauber vergorener Grassilage kann der niedrige pH-Wert durch Übersäuerung zu Problemen führen. Die meisten Pferde reagieren daher auf Grassilage recht empflindlich; Kotwasser bis hin zum Durchfall sowie Stoffwechselstörungen und Koliken sind keine Seltenheit.

Paradoxerweise ist aber auch Heulage oft genug nicht von der erhofften bzw. erwünschten Qualität; auch hier steht eine Fehlgärung an allererster Stelle, dicht gefolgt von schimmeldurchzogenem Material.
Die oft angewandte Praxis, Schimmel großzügig zu entfernen und trotzdem weiter zu füttern, ist grundsätzlich falsch.
Äußerlich sichtbare Anzeichen von Schimmel zeigen nur einen Bruchteil des tatsächlich vorhandenen Pilzgeflechts; i.d.R. ist hier bereits der gesamte Silageballen kontaminiert.

In Bezug auf die Fütterung von Grassilage und Heulage kann daher nur eine Empfehlung gelten :

Da Pferde im Gegensatz zu Rindern auf fehlgegorene Silageprodukte sehr empfindlich reagieren und ein vollständig sauberer Silierungsprozeß von - pferdegeeignetem - Gras kaum möglich ist, sollte man auf die Fütterung von silierten Produkten gänzlich verzichten. Nur so kann das Risiko von Stoffwechselerkrankungen und deren Folgen wie Hautirritationen bis hin zu schweren Dermatosen, Gelenksentzündungen, Leber- und Nierenfunktionsstörungen sowie Muskelschmerzen und Leistungsdepressionen bis hin zu schwersten Koliken minimiert werden.

Auch Allergien und Atemwegserkrankungen als Hauptargument für die Fütterung von silierten Produkten sollte man zunächst eher mit der Fütterung von genässtem Heu entgegentreten.
Silage kann hierbei wirklich nur die allerletzte Wahl sein.